TV-Moderatorin und Kommunikationstrainerin Miriam Deforth ist seit Anfang 2018 Naturpark Kyffhäuser Botschafterin. In ihrem „Miris Kyffhäuser-Blog“ berichtet sie jeden Monat von ihren Erlebnissen und Abenteuern im Naturpark.
Miri's Kyffhäuser Blog wird unterstützt von hessnatur. Vielen Dank!
27. November 2018
Die Sterne über dem Kyffhäuser sehen aus, wie glitzernder Schmuck über dem märchenhaften Bild einer nebelverhangenen, schlafenden Welt.
Täuschen Sie sich nicht!
Gerade in den Wintermonaten tanzt laut Sagen und Legenden auf den Anhöhen um die Barbarossahöhle das Gesindel und Lumpenpack der Naturgeister einen drolligen und manchmal auch sehr anmutigen Tanz.
Ja, ich meine Gesindel. Und Lumpenpack. So habe ich es ja auch geschrieben. Denn Nebelgnömchen und Frostgeister haben grundsätzlich eine Menge Schabernack im Sinn. Morgens, wenn sich über dem mystisch daliegenden Naturpark langsam die Wintersonne dazu bequemt, ihr Bett zu verlassen und für wenige Stunden einen Tag zu bescheinen, dann erwachen auch die Nebelgnömchen.
Dampfend und wabernd rotten sie sich zusammen und bilden Schwadengruppen, die weißlich undurchsichtig ihre Morgengymnastik ausführen. Sie dehnen und räkeln sich über den Obstwiesen. Sie strecken und winden sich durch die verschlungenen Pfade des Englischen Gartens. Und traut sich ein Spaziergänger oder ein Wanderer in ihre Nähe, dann lieben sie es, Wege so zu verhängen, dass im undurchdringlichen Weiß ihrer Erscheinung früher sicher der eine oder andere seinen Weg verloren hätte.
Wie gerne würden sie den Menschen, der ihren frühen Bewegungsdrang stört, in die Irre leiten.
Vor 100 Jahren klappte das auch noch. Hei, wie irrten da Otto und Hans durch’s Geäst und wussten nicht, ob sie den Kyffhäuser jemals wieder verlassen würden.
Heute jedoch sind die Zeiten anders.
Natürlich treiben die Gnömchen weiterhin ihr nebulöses Verwirrspiel auf professionellste Weise. Doch der Wanderer 2018 zückt in mitten in ihrem tollkühnen Treiben sein Mobiltelefon, ruft den allwissenden Google an und lässt sich per GPS Tracking den Weg in ein heimeliges Kaffee anzeigen, wo er sich alsbald am Kaminfeuer die Füße wärmt.
Glauben Sie mir, liebe Wanderer, die Gnömchen spucken Schaum vor Wut, seit sie verstanden haben, dass ihr neuer Erzfeind „Smartphone“ genannt wird. Und dass sie noch so dicht und im Rudel auftreten können – das neue Wissen der Menschheit macht ihnen ihren liebsten Schabernack jedes Mal zur Riesenenttäuschung.
Außer – ja, außer der Empfang ist nicht ausreichend gegeben. Was glauben Sie, wie die Nebelgnömchen sich unter Baumstümpfen vor Lachen den Bauch halten, wenn ein Wanderer zufällig einen Telefonanbieter gewählt hat, der an der einen oder anderen Stelle sein „Netz“ nicht durch das dicke, uralte Holz der Buchen zu schieben vermag.
Da halten die Spaziergänger ihr Smartphone hoooooch in die Luft, um … ja… um was eigentlich? Um persönlich die internationale Raumstation zu erreichen – für ein bisschen WLAN?
Oder sie drehen sich mit erhobenem Smartphone im Kreis und scannen sozusagen körperlich alle vier Himmelsrichtungen, um vielleicht im Osten… oder im Süden… na, wo hat denn der Provider nun seinen Firmensitz? Da sollte das Netz ja herkommen… oder?
Diese für Naturgeister sehr witzige Stelle im Verwirrspiel nutzen dann auch unmittelbar die Frostgeister. Sie warten förmlich darauf. Denn kaum hat der Wanderer mit verzweifeltem Stoßseufzer sein Handy zurück in den Rucksack sinken lassen, legen sie los.
Ein wilder Tanz, ein Ringelreihen, das ist es, was sie aufführen. Sie springen wie die Barbaren um den Wanderer. Hüllen ihn ein. Diese kleinen, weißen Springgeister.
Und genau dann, wenn ihr Tanz am wildesten ist, da schlottert es den Menschen bis ins Gedärm. So kalt sind diese kleinen Teufel. Sie zwicken in Nasen, ziehen an den Fingern und den Zehen, schlüpfen unter Jacken und Mützen und sind das, was sie am besten können: Eiskalt.
Wie sie zu verscheuchen sind?
Oh, das ist einfach.
Und ich verrate Ihnen, liebe Leser, das Geheimnis:
Frostgeister hassen nämlich Ansteigungen. Also Hügel oder Berge.
Wählen Sie also so schnell es geht auf dem Kyffhäuser Wanderweg eine Stelle mit ordentlich Steile aus und machen Sie sich an den Aufstieg. Und bitte nicht so zaghaft.
Sobald Ihr Blut in Wallungen kommt und der Atem sich beschleunigt, sobald ihre Schritte kraftvoller und kräftiger werden, um bergauf zu stiefeln… da lassen die Frostgeister von Ihnen ab. Sie werden es sehen. Wir haben es mehrfach ausprobiert.
Anstrengen wollen sie sich nämlich nicht, die kleinen Biester. Sie wollen fein einfach ihre Saltos schlagen und ihren Kokolores treiben. Sobald es eine Mühe wird, huschen sie von dannen und finden sich ein anderes Opfer.
Und die Sterne? Die Sterne schauen dem ganzen etwas pikiert zu. Denn erhaben, wie sie nun mal sind, lassen sie sich nicht vom „Fußvolk“ einfangen und in ein schnödes Spiel verwickeln. Sie zeigen den Menschen immer den Weg. Wer sich mit ihnen auskennt, braucht sich keine Sorgen zu machen. Denn sie sind voller Klarheit. Und schmuck sind sie im Winter außerdem. Also bleiben Sie gerne über Nacht im Kyffhäuser, wenn Sie dieser Tage dort wandern oder spazieren möchten. Denn nach dem wilden Treiben des Winter-Pöbels erwartet sie eine um die andere sternenklare, eiskalte Nacht. Und vielleicht fangen Sie sich ja bis zum Weihnachtsfest einen Stern im Kyffhäuser… und nehmen ihn sachte mit nach Hause. Als Andenken an die Abenteuer, die Sie in Begleitung des Lumpengesindels überstanden haben…
Genießen Sie die märchenhafte, mystische Stimmung im November und den Anfängen des Dezembers im Kyffhäuser und nehmen Sie sich diesen Blogpost gerne zu Herzen. Oder auch nicht. Das ist okay für mich. Denn er spricht ja in deutlichen Farben von Hirnegspinsten. Und von sonst gar nichts.
Beste Grüße und ein Augenzwinkern sendet Ihnen
Miriam Deforth